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Historischer Weg 18

Neurologie und Neurochirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie

Erläuterung zum Fachgebiet

Neuron (griech. = Nerv); Neurologie befasst sich mit der Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur

Neurochirurgie (Chirurgie im Bereich des gesamten Nervensystems) gibt es als eigenständiges Fachgebiet erst seit den 1950er Jahren. Operativ werden Erkrankungen, Verletzungen und Tumore der Wirbelsäule und des zentralen und peripheren Nervensystems behandelt.

1904 – 1948

Anfang des 20. Jahrhunderts bildeten Psychiatrie und Neurologie eine medizinische Einheit. 1933 wurde am Städtischen Krankenhaus Westend eine eigenständige Psychiatrisch-neurologische Abteilung unter Prof. Kurt Albrecht (1894–1945) eingerichtet. Seine Arbeitsschwerpunkte waren die Diagnostik von Hirntumoren, die entzündlichen Erkrankungen des Zentralnervensystems und die Neuroradiologie. Ab 1933 SS-Mitglied, war Albrecht früh in das nationalsozialistische Gesundheitswesen eingebunden (siehe Tafel 16 „Nationalsozialismus“).

Neurochirurgische Eingriffe wurden im Rahmen der Allgemeinchirurgie von Prof. Herbert Peiper (1890–1952), dem Leiter der Chirurgie, durchgeführt. Er konzentrierte sich dabei vor allem auf die Hirnchirurgie. 

Während des Ersten und Zweiten Weltkrieges diente das Krankenhaus Westend als Kriegslazarett.

1948 bis heute

Als sich die Neurologie als eigenständiges Fach von der Psychiatrie löste, baute der Neurologe und Neurochirurg Prof. Arist Stender (1903–1975) 1948 am Krankenhaus Westend eine neurologisch-neurochirurgische Abteilung auf. 1948 wurde er planmäßiger Professor, 1951 Ordinarius für Neurochirurgie an der neu gegründeten Freien Universität Berlin (FU). Neurochirurgische Eingriffe konnten ab 1951 zunehmend unter Vollnarkose durchgeführt werden. Nachdem Stender sich anfänglich auf die Operation von Hirntumoren konzentriert hatte, führte er innovative Methoden in der Bandscheiben-, Schmerz- und Psychochirurgie ein. Die Neurochirurgie im Krankenhaus Westend versorgte bis zum Mauerbau 1961 Patienten weit über Berlin hinaus. 

1968 übernahm Oberarzt Arno Schulze kommissarisch die Leitung der Abteilung. Er konnte dem Studentenführer Rudi Dutschke, im April 1968 durch ein Attentat lebensgefährlich verletzt, mit einer Notoperation das Leben retten. 1973 wurde die Neurochirurgie, getrennt von der Neurologie, zu einer eigenständigen Abteilung, deren Leitung Prof. Rolf Wüllenweber (1924–2000) übernahm. 

Sein Nachfolger war von 1979 bis 1987 Prof. Ekkehard Kazner (1935–1987), unter dessen Regie die Neurochirurgie am Krankenhaus Westend expandierte und sich mit Forschungen zum Hirnödem internationalen Ruf erwarb. Kazner führte die nichtinvasive Ultraschalldiagnostik in die Neurochirurgie ein sowie die Mikrochirurgie, die die Sicherheit neurochirurgischer Eingriffe am Gehirn beträchtlich erhöhte. Gleichzeitig wurde eine enge Kooperation mit Anästhesie und Radiologie aufgebaut. Dies ermöglichte die Notfallversorgung schwerer Schädel-Hirn-Verletzungen, akuter Hirnblutungen sowie operative Eingriffe am Rückenmark und an der Wirbelsäule. 

1989 wurden die neurochirurgischen Abteilungen verschiedener Berliner Standorte am Rudolf-Virchow-Krankenhaus (heute: Charité Campus Virchow-Klinikum) zusammengelegt. 

3D-Aufnahme des menschlichen Gehirns, 2015

1991 ging das Krankenhaus Westend in die Trägerschaft der DRK-Schwesternschaft Berlin über. Seit 2011 gibt es im Westend mit dem „Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie“ unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Olaf Süss (*1969) sowie dem „Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) für Neurochirurgie“ wieder Fachärzte für Neurochirurgie. Von ihnen werden Veränderungen oder Verletzungen der Wirbelsäule, hervorgerufen durch Infektionen, Verschleiß, Tumorleiden oder Unfälle, ebenso behandelt wie unfallbedingte Folgen von Schädel-Hirn-Verletzungen. 

Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie