Bei der Vollnarkose besteht prinzipiell das Risiko von Übelkeit/Erbrechen, selten von Heiserkeit, sowie sehr selten von Zahnschäden und Verschlucken sauren Mageninhalts (Aspiration).
Komplikationen sind Zustände, die nur unter ganz bestimmten Situationen und sehr selten eintreten, also nicht der Regel entsprechen. Dabei führt auch nicht jede Komplikation zwangsläufig zu einem Zwischenfall. Oftmals sind auftretende Komplikaaktion schicksalhaft auftretenden Ereignissen geschuldet, deren Ursache z. B. in schweren Vorerkrankungen liegt, die vor dringenden Operationen nicht ausreichend therapiert werden können (z. B. Herzinfarkt vor zwei Wochen, jetzt schwerer Unfall mit hohem Blutverlust usw.)
Bei jeder noch so kurzen Narkose ist der Narkosearzt daher jederzeit darauf vorbereitet, den Patienten sofort zu behandeln.
Medikamente können in Einzelfällen Allergien auslösen. Die Palette der möglichen allergischen Reaktionen reicht von unproblematischer kurzer Hautrötung über Quaddelbildung bis zu lebensbedrohlichen heftigsten Herz- Kreislaufreaktionen und asthmaähnlichen Zuständen.
Im Gegensatz zum allergischen Schock nach dem Genuss eines exotischen Mahles in einem Restaurant hat man bei solchen Zwischenfällen im OP mit dem Anästhesisten einen kompetenten Arzt an seiner Seite, der umgehend effektive Gegenmaßnahmen einleiten wird. Daher sind schlimme Ausgänge solcher schwerer allergischer Reaktionen, die glücklicherweise ohnehin nur selten auftreten, die Ausnahme.
Schock bei Blutverlust
Patienten mit schweren Verletzungen oder inneren Blutungen können in sehr schwierigen Kreislaufsituationen schon bewusstlos in den OP-Saal kommen. Der Anästhesist hat die schwere Aufgabe, solche Patienten durch sehr risikoreiche Phasen zu bringen. Es werden Blutersatzlösungen, Fremdblutbestandteile (rote Blutkörperchen, Gerinnungsstoffe) und hochwirksame Herz-Kreislauf-Mmedikamente eingesetzt.
Lungenembolie
Bei oder nach großen Operationen mit anschließender langer Bettlägerigkeit kann es selten zur gefürchteten Lungenembolie kommen:
Kleine, mit dem Blutstrom verschleppte Blutgerinnsel (oft aus tiefen Beinvenenthrombosen) bleiben in den Lungengefäßen wie in einem Sieb hängen. Der Körper hat die Fähigkeit, kleinere Embolien aufzulösen. Wenn ein größerer Gefäßverschluss in der Lunge vorliegt, funktioniert dies nicht im nötigen Maße, es kommt zu einer massiven Belastung des Herzens. Die Komplikation kann dann tödlich verlaufen.
Zur Vorbeugung erhalten Patienten vor einer großen Operation Kompressionsstrümpfe. Die beste vorbeugende Waffe ist die Gabe so genannter Heparine vor und nach der Operation. Sie verringern die Blutgerinnung, es können sich kaum Blutgerinnsel bilden. Die Lungenembolie ist durch diese Maßnahmen und die so genannte Frühmobilisierung der Patienten nach der Operation insgesamt sehr selten geworden.
Herzinfarkt
Er kann nicht nur während, sondern auch noch einige Tage nach einer Operation auftreten.
Gefährdet sind Patienten mit
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schwerer Artheriosklerose
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Durchblutungsstörungen am Herzen (Angina pectoris, Gefäßmissbildungen am Herzen)
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durchgemachten Herzinfarkten
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nicht oder unzureichend therapiertem, hohem Blutdruck
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Zucker- und Fettstoffwechselerkrankungen
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starke Raucher
Sehr viele Menschen weisen gleich mehrere dieser Risikofaktoren auf, ohne dass es bei ihnen bei Operationen zu einem Herzinfarkt kommt. Bei Patienten mit Hinweisen auf eine vorbestehende Herzerkrankung werden vor der OP neben der Anfertigung eines EKGs in Absprache mit Kardiologen ggf. weitere Spezialuntersuchungen (Echokardiografie, Belastungs-EKG usw.) zur Risikoeinschätzung und damit -minimierung oder Therapieänderungen durchgeführt.
Aspiration
Hierbei handelt es sich um das Erbrechen, bei dem Mageninhalt (Salzsäure, Nahrungsmittelreste) in die Luftröhre übertritt und zu gefährlichen Störungen im Gasaustausch der Lunge führt. Nicht jedes Erbrechen geht also mit einer Aspiration einher. Später entwickelt sich auf dem Boden des Lungenschadens oftmals eine Lungenentzündung. Gefährdet sind besonders nicht nüchterne Patienten. Bei nicht nüchternen Patienten lässt sich das Schlucken eines Magenschlauches zur Ableitung des Sekretes aus dem Magen vor der Operation nicht umgehen.
Den einzigen fast sicheren Aspirationsschutz bei Vollnarkose bietet die Intubationsnarkose. Aber auch hierbei kann es bei der Narkoseein- oder ausleitung extrem selten zur Aspiration kommen.
Stoffwechselentgleisungen
Bei Patienten mit Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Schilddrüsenüber- oder unterfunktion oder anderen hormonellen Erkrankungen (Nebennierenerkrankungen, Nebenschilddrüsenerkrankungen) kann es in Stress-Situationen zu Veränderungen im Stoffwechsel kommen, die zu ernsten Komplikationen führen können.
Daher muss der Anästhesist die jeweiligen Besonderheiten beachten. So werden bei Diabetikern vor und oft auch während der Narkose Blutzuckerbestimmungen durchgeführt, um den Blutzucker im gewünschten Bereich zu halten.
Eine schwer gestörte Schilddrüsenfunktion wird vor der Operation möglichst normalisiert. Patienten mit gestörter Nierenfunktion werden dialysiert. In dringenden Notsituationen wird man immer Kompromisse machen müssen, die aber das Risiko erhöhen.